Lebenslauf
Ich bin am 25.12.1906 in Heidelberg
geboren als das fünfte von sieben Kindern des
Professors Julius
Ruska und seiner Frau Elisabeth,
geborene Merx. Nach der
Absolvierung des humanistischen Gymnasiums in Heidelberg
begann ich im Herbst 1925 das Studium der Elektrotechnik
an der Technischen Hochschule in München, das ich
vom Herbst 1927 an in Berlin fortsetzte. Meine praktische
Ausbildung erhielt ich bei Brown-Boveri & Cie in
Mannheim und bei der Siemens & Halske AG in Berlin.
Als Student der Technischen Hochschule Berlin begann ich
1928 in dem von Prof. Adolf
Matthias geleiteten Hochspannungsinstitut, mich
mit Hochspannungs- und Vakuumtechnik zu
beschäftigen.
Ich arbeitete unter der Leitung von Dr.
Max Knoll zusammen mit einigen Doktoranden an
der Entwicklung eines
Hochleistungs-Kathodenstrahloszillographen der
Metallbauweise. Mein besonderes Interesse galt einerseits
der Entwicklung von Konstruktionselementen, aus denen
Vakuumapparaturen nach dem Baukastenprinzip
zusammengesetzt werden konnten, andererseits der
Weiterführung von theoretischen Vorstellungen und
von Experinenten über das optische Verhalten der
Elektronenstrahlen.
Meine erste 1928/29 durchgeführte
wissenschaftliche Arbeit befaßte sich mit der
rechnerischen und experimentellen Nachprüfung der
Busch'schen Theorie über die Wirkung des
Magnetfeldes einer stromdurchflossenen Spule als
Elektronenlinse. In dieser Arbeit erkannte ich, daß
durch eine Eisenkapselung die Brennweite verkürzt
werden kann. Aus dieser Erkenntnis heraus wurde
später die Polschuhlinse
entwickelt, die seither in allen magnetischen
hochauflösenden Elektronenmikroskopen verwendet
wird. Weitere Arbeiten - gemeinsam mit M. Knoll -
führten 1931 zum Bau des ersten Elektronenmikroskops.
Mit diesem Gerät wurden zwei der heute wichtigsten
Abbildungsverfahren mit Elektronen, das
Durchstrahlungsprinzip und das Emissionsprinzip,
eingeführt. 1933 konnte ich ein von mir neu
konstruiertes Elektronenmikroskop in Betrieb nehmen,
dessen Auflösung erstmals besser als die des
Lichtmikroskops war. In meiner Dissertation von 1934 und
in meiner Habilitation von 1944, beide an der Technischen
Hochschule Berlin, untersuchte ich die Eigenschaften von
magnetischen Elektronenlinsen kurzer Brennweite.
Da die technische Weiterentwicklung von
Elektronenmikroskopen nicht die Aufgabe eines
Hochschulinstituts sein konnte und auch bei weitem dessen
Mittel überschritten hätte, betätigte ich
mich zunächst in der Industrie auf
elektronenoptischem Gebiet weiter. Ich war von 1933 bis
1937 bei der Fernseh-AG,
Berlin-Zehlendorf, verantwortlich für die
Entwicklung von Fernseh-Empfangs- und Senderöhren
sowie von Photozellen mit Sekundärverstärkung.
Überzeugt von der großen praktischen Bedeutung
der Elektronenmikroskopie für die Grundlagen- und
die Zweckforschung, versuchte ich während dieser
Zeit gemeinsam mit Dr.
Bodo von Borries die
Entwicklung von hochauflösenden
Elektronenmikroskopen mit größeren Mitteln
durchzusetzen, was uns um die Wende 1936/37 durch die
Siemens & Halske AG
ermöglicht wurde. Wir richteten in Berlin-Spandau
1937 das Laboratorium für Elektronenoptik ein und
entwickelten dort bis 1939 das erste
serienmäßige Elektronenmikroskop
("Siemens-Übermikroskop"). Parallel zur Entwicklung
dieses Gerätes befaßten sich damals mein
Bruder Dr.
med. Helmut Ruska und
dessen Mitarbeiter mit seiner Anwendung, besonders auf
medizinischem und biologischem Gebiet. Um sie auf den
verschiedenen Gebieten möglichst rasch zu
fördern, schlugen wir der Siemens & Halske AG
vor, ein Gastinstitut für elektronenmikroskopische
Forschungsarbeiten einzurichten, das 1940 gegründet
wurde. Aus diesem Institut, in dem wir mit deutschen und
ausländischen Wissenschaftlern zusammenarbeiteten,
konnten bis Ende 1944 rund 200 Arbeiten auf den
verschiedensten Fachgebieten veröffentlicht werden.
Meine Aufgabe bestand in der Entwicklung und Fertigung
der Elektronenmikroskope, mit denen bis Anfang 1945 etwa
35 Institute ausgestattet werden konnten.
In den Jahren nach 1945 baute ich die durch Demontage
aufgelöste Abteilung für Elektronenoptik zum
großen Teil mit neuen Mitarbeitern in
Berlin-Siemensstadt wieder auf, so daß seit 1949
wieder Elektronenmikroskope geliefert werden konnten. Die
neue Entwicklungsperiode führte 1954 zum Elmiskop
I, das inzwischen von über 1200
wissenschaftlichen Instituten vieler Länder benutzt
wird. Daneben suchte ich eine Intensivierung der
physikalischen Entwicklung des Elektronenmikroskops durch
zusätzliche Tätigkeit an wissenschaftlichen
Instituten zu erreichen. In diesem Sinne war ich von
August 1947 bis Dezember 1948 bei der Deutschen Akademie
der Wissenschaften in Berlin-Buch am Institut für
Medizin und Biologie, dann ab Januar 1949 als
Abteilungsleiter im heutigen Fritz-Haber-Institut
der Max-Planck-Gesellschaft
in Berlin-Dahlem tätig. Am 27.6.1957 wurde ich dort
Direktor des Instituts für
Elektronenmikroskopie, nachdem ich 1955 meine
Stellung bei der Siemens & Halske AG aufgegeben
hatte. Am 31.12.1974 trat ich in den Ruhestand.
Von 1949 bis 1971 hielt ich an der Freien
Universität Berlin und an der Technischen
Universität Berlin Vorlesungen über
Grundlagen der Elektronenoptik und der
Elektronenmikroskopie. Meine Veröffentlichungen
auf dem Gebiet der Elektronenoptik und der
Elektronenmikroskopie umfassen einige Buchbeiträge
und über 100 wissenschaftliche
Originalveröffentlichungen.